Beschreibung
Gabriel:
Trinkreife trinken ( – 2060)
Bewertung 19/20
Aus dem Keller von Urs Ratschiller zu einem Lou-Lou-Vullykuchen als Abschluss einer grossen Toskana-2003-Weinprobe. Das war wirklich ein Rubens-Sauternes, reich und üppig. Ein unsterblicher Wein – besonders aus dieser Magnum! 09: Am Geburtstag von Luigi Zanini im Castello Luigi in Besazio erschien der Chef-Sommelier mit einer Impériale 1989 Château d’Yquem angerauscht. Als Startkapital zur Pfirsichtrilogie bekam jeder schon mal einen guten Dezi eingeschenkt. Ich notierte mir eine Tokajhafte Süsse die mit Rosinen, überreifen Aprikosen und frisch geschleudertem Herbsthonig bespickt war. Und dann nahm ich einen grossen Schluck, was dem Kellner nicht verborgen blieb. Obwohl ich Sauternes nicht ungern bei Kellertemperatur trinke, wurde dieser nach dem Einschenken sehr schnell wärmer als dieses Limit und so trank ich jeweils immer bei etwa 15 Grad den Rest des Glases. Dies bemerkte der Kellner jeweils aber sofort. Und so genoss ich diesen Rubenshaften, sicherlich eher wintertauglichen, schon fast dicken Nektar im Hochsommer à discretion in einer noch nie erlebten Kadenz. Ich kann ja nichts dafür, dass Luigi Zanini vor 70 Jahren im Sommer, bei Kriegsbeginn geboren wurde. Tanti auguri Luigi! 09: In einer Viererserie (1999, 1989, 1959, 1949) am Geburtstag von Walter Platzer am Attersee. Heiss, rosinierend, tokajhaft, vollsüss. Im Gaumen schwer und reich, Aromen von frisch geschleudertem Honig. 10: WIE SCHMECKT EINE ANGEBROCHENE FLASCHE 1989 CHÂTEAU D’YQUEM
NACH 134 TAGEN? Ein ganz gewaltiges Kühlschrank-Erlebnis bescherte mir kürzlich ein Zufall. Mein Freund Lucien öffnete am Sylvester eine Flasche 1989 Château d’Yquem. Die Tischrunde genoss zwar das erste Glas, doch irgendwie wollte die Flasche dann einfach nicht leer werden. Im Juni war ich zu Besuch in seinem Haus in Ste. Maxime und entdeckte die angebrochene Flasche im Kühlschrank. Er erzählte mir die Geschichte und ich überlegte schon, ob ich den Rest dieses Yquem’s irgendwie in eine feine Sauce einbinden konnte, um ihm eine letzte Ehre zu erweisen. Doch jegliche mögliche Kombinationen mit den geplanten Speisen schienen nicht zu passen. Aber meine Neugier war gewaltig wie so ein 134 Tage lang geöffneter Sauternes noch schmecken würde. Da wir den Wein im letzten Herbst im Rahmen einer ganz grossen 1989er Verkostung degustierten, wusste ich im Kopf wie er sich präsentiert, wenn er entkorkt und dann gleich getrunken wird. Also schenkten wir uns alle einen Schluck ein – mit relativ wenigen Erwartungen. Doch die Überraschung war riesengross! Zwar fehlten die Primäraromen eines just geöffneten Weines, doch diese wurden kompensiert durch viel Rosinentöne, hellem Malz, dunkler Aprikosenkonfitüre, einem Hauch Curry und süssem, schwerem Malmsey Madeira. Das konnte doch irgendwie nicht wahr sein, was wir da – viereinhalb Monate nach dem Entkorken – erleben durften. Ungläubig rieben wir uns die Augen, schauten uns verblüfft an, murmelten ein paar überraschende Worte zu und schenkten uns jeder eine gehörige Portion von diesem genialen «Luft-Rentner» ein. Um ganz sicher zu sein, dass wir uns nicht täuschten… 11: Wieder am selben Ort (Ste. Maxime – bei Lucien), jedoch eine frisch geöffnete Flasche zu Panna Cotta oder Crème brulée. Beides wunderbar hausgemacht. Ein süsser, fast schwer wirkender Nektar. Das üppige Süssweinempfinden lag wohl auch etwas an der sommerlichen Temperatur.